Csaba Ronto
An einem Donnerstagmorgen Mitte Mai bekam ich einen Anruf von Istvan. Nachdem wir kurz über Privates gesprochen hatten, stellte er mir die Frage, ob ich denn eine Woche in Frankreich angeln gehen wolle. Natürlich wollte ich, musste das aber zuerst mit meiner Firma und meiner Freundin besprechen. Gottseidank, war es für beide Parteien okay, sodass ich nun nur noch zwei Wochen Zeit hatte, mich auf diese Session vorzubereiten. Mein größtes Problem war, dass ich zu diesem Zeitpunkt kein Boot hatte. Mein altes habe ich gerade verkauft und noch kein neues bestellt. Da es in der heutigen Zeit gar nicht mehr so selbstverständlich ist, Artikel rechtzeitig zu erhalten, war ich doch etwas nervös. Zum Glück ging es gut aus und das Boot kam pünktlich vor der Abfahrt an.
Nachdem dieses Problem geklärt war, konnte ich Informationen über diesen See sammeln. Istvan und Tomi waren in der Vergangenheit bereits hier, so konnten sie mir helfen. Natürlich habe ich mir sämtliche Videos angesehen, die ich finden konnte und in Foren gelesen habe, die Informationen enthielten. Auf der niederländischen Webseite steht als erster Satz in der Beschreibung des Sees “Wahrscheinlich einer der schwierigsten Paylakes der Welt”.
Somit wusste ich, dass ich eine Aufgabe hatte. Der See hat unzählige schöne und spezielle Karpfen, darunter auch einige richtig große Fische. Mein Ziel war es, erstmal überhaupt einen Fisch zu fangen, da viele Angler von dort mit einem Blank nach Hause fahren müssen.
Eine Woche vor der Abfahrt konnte ich sowohl mit Tomi als auch mit Istvan noch persönlich am VIP Treffen von Keen Carp sprechen. Wir sind noch einmal alles durchgegangen und ich hatte das Gefühl, dass ich ausreichend vorbereitet war. Eine Überraschung erwartete mich noch, denn mein italienischer Teamkollege Cristiano begleitete mich in dieser Woche. Ich war sehr froh darüber, weil ich leider unsere geplante Session im Frühjahr absagen musste
Meine Buchung am See ging ab Samstag für eine Woche. Da mich eine zehnstündige Fahrt erwartete, plante ich noch einen Zwischenstopp bei unserem deutschen Teamkollegen Willy ein. Ich bin am Freitag nach der Arbeit losgefahren und passierte eine Großstadt nach der anderen und das ohne Stau. So bin ich problemlos bei Willy angekommen.
Bei einem himmlischen Abendessen lernte ich seine Frau und seine Tochter kennen. Wir unterhielten uns bis in den späten Abend hinein, und wie sich herausstellte, war er schon vor Jahren an diesem See gewesen, so dass ich noch mehr Informationen bekam.
Morgens bin ich um fünf Uhr losgefahren, um so schnell wie möglich vor Ort zu sein. Ich wollte unbedingt noch mit den abreisenden Anglern sprechen. Leider waren die Angler von meinem Platz bereits weg, so dass ich später nur mit einem anderen Fischer sprechen konnte. Der teilte mir mit, dass in der vergangenen Woche nur sehr wenige Karpfen gefangen worden waren. Für mich waren die Infos leider nicht sehr zufriedenstellend und für die Köderwahl waren sie auch nicht sehr ausreichend.
Ich zögerte aber nicht lange und holte sofort die Drohne heraus, die ich mir von Lukas geliehen hatte, denn ich wusste, dass sie hier von großem Nutzen sein könnte. Ich ließ die Drohne steigen, suchte das Gebiet vor mir ab, sah aber keinen einzigen Fisch. Für mich bedeutete das einen weiteren Rückschlag. Ich baute mein Camp auf und ging mit dem Boot auf den See. Der See war voll mit Kraut. Es stand bereits bis einen Meter unter der Oberfläche. Es gab aber einige krautfreie Spots. Wir hatten in etwa 10ha zur Verfügung und ich konnte uns zehn Plätze markieren. Leider war es nicht möglich flach an den Ufern zu angeln, da eine Schwanenfamilie den ganzen Tag dort nach Nahrung suchte und ich keinen Bock hatte, einen von ihnen zu haken.
Ich entschied mich dafür, keine großen Köder einzusetzen. Ich wählte den Hot Fish Gammarus Mix in 18mm und Härtegrad drei.
Außerdem hatte ich den 50/50 Mix in Härtegrad eins im Gepäck. Ich habe die Köder bereits daheim in Wasser eingeweicht. So konnte ich Zeit sparen und vom ersten Tag an “alte” Köder füttern. Ich habe fünf Plätze mit dem Hot Fish Mix gefüttert und die anderen fünf mit dem 50/50.
Am ersten Morgen war ich bereits früh auf den Beinen, um zu sehen, ob ich Fischaktivitäten in unserem Bereich ausmachen konnte. Leider habe ich wieder nichts erkennen können. Als die Sonne herauskam und es hell genug war, ließ ich die Drohne erneut steigen, um nach Fischen zu suchen. An einigen unserer Plätze habe ich die Markerbojen absichtlich im Wasser gelassen, damit ich die Plätze leichter überprüfen konnte. Als ich bei der ersten Boje ankam, konnte ich meinen Augen nicht trauen. Es befanden sich viele Fische, darunter einige Amur, aber auch Karpfen direkt über meinen Platz.
Nun hatte ich schon ein besseres Gefühl und war mir sicher, dass dieser Platz einen Fisch bringen wird. Ich bin auch die Flachwasserbereiche abgeflogen und konnte dort auch mehrere Fische sehen, darunter unter anderem einen schönen Koi.
An meinen anderen Stellen habe ich aber keine Fische von oben gesehen. Bei meiner Fütterung am Nachmittag fiel mir jedoch an mehreren Stellen auf, dass die Plätze aufgewühlt waren. Ich denke, dass ich hier Fische verschreckt habe. Ich dachte mir, dass diese Plätze ebenfalls angenommen werden mussten, da es hier auch Anzeichen von Fischen gab.
Am Sonntag kurz vor Mitternacht kam Cristiano an, wir bauten sein Zelt auf und gingen zu Bett.
Am Morgen zeigte ich ihm die Plätze, die ich für uns ausgewählt hatte. Wir sprachen uns ab, wer seine Montagen wo ablegen würde und begannen mit dem Angeln.
Eine Handvoll Köder kam mit den Montagen ins Wasser. Ich verwendete an einer Rute einen 15mm Hot Fish Balanced Hookbait. Bei der anderen habe ich den Hookbait zusätzlich mit einem 10mm Popup ausbalanciert. Bei der dritten Rute benutzte ich einen 18mm großen 50/50 Mix. Natürlich waren auch die Hakenköder vorgeweicht.
Am nächsten Morgen gelang es mir, eine Schleie von etwa 3 kg zu fangen. Ich nahm den Fisch nicht mit an Land, sondern ließ ihn gleich wieder frei. Ich brachte mein Gerät wieder an seinen Platz, fütterte ihn mit einer Handvoll eingeweichten Hot Fish und fuhr zurück zum Ufer.
Wir kontrollierten die Plätze zweimal täglich, aber sie waren ständig nur über unseren Spots und gingen nie an den Grund.
Am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang bekam Cristiano einen Biss genau an der Rute, die direkt in der Gruppe von Fischen platziert war. Anfangs waren es nur ein paar Schläge an der Rutenspitze, später ging es in einen Vollrun über. Wir stiegen ins Boot und fuhren mit Vollgas auf den Fisch zu.
Cristiano war sehr konzentriert und wir haben kein Wort gewechselt. Es war nur das Klicken der Bremse und das Surren des Motors zu hören. Nach ein paar Minuten war der Knoten der Schlagschnur auf der Spule, aber wir hatten den Fisch immer noch nicht gesehen. Kurze Zeit später konnten wir den ersten Blick auf den Fisch erhaschen und riefen fast gleichzeitig: “Nein, ein Stör!” Ich konnte den Fisch keschern und wir fuhren zurück zum Ufer. Wir unterhielten uns kurz und keiner von uns wusste, dass es in diesem See überhaupt einen Stör gibt. Wir fotografierten den Fisch. Es war der erste Stör für Cristiano.
Wie sich später herausstellte, gab es genau zwei Störe im ganzen See und wir fingen einen davon. Tagsüber haben wir immer gut gegessen. Ich kümmerte mich um das Frühstück und Cristiano kochte unser Mittagessen. Es gab immer echtes italienisches Essen. Cristiano ist ein echter Meisterkoch!
Ich musste tatsächlich bis zum vorletzten Morgen auf meinen nächsten Fang warten. Die Sonne kam gerade hinter den Bäumen hervor, als meine Funkbox einen Biss der nächstgelegensten Rute anzeigte.
Während ich mir meine Stiefel anzog, machte Cristiano mein Boot startklar. Die Stelle war nur 30m vom Ufer entfernt. Nach einem kurzen Drill, konnte ich den ersten französischen Karpfen in meinem Leben fangen. Wir fotografierten ihn vorsichtig im Wasser und dann ließ ich den 15,20kg schweren Spiegler wieder frei.
Der Köder, der mir diesen wirklich alten und urigen Karpfen brachte, war ein Hot Fish Balanced Hookbait mit einem roten 10mm gro0en Pop-up. Gefüttert habe ich lediglich ein paar einzelne, eingeweichte Köder desselben Mixes.
Ich habe darauf geachtet, dass mein Montage sehr langsam sinkt und nur der Haken auf dem Grund liegt.
Danach habe ich angefangen einzupacken, denn ich bin früh am Morgen zurück nach Österreich gefahren. Am Abend mussten wir bereits wieder in Győr sein, weil meine Freundin eine sehr wichtige Prüfung hatte. Bis zum Morgen ist auch nichts mehr passiert, sodass ich die 13-stündige Fahrt gut ausgeruht antreten konnte.
Ein paar Gedanken möchte ich zum Abschluss meines Berichts noch teilen. Ich bin schon an sehr vielen Gewässern in mehreren Ländern gewesen. Deswegen weiß ich auch, dass der Angeldruck in den Ländern sehr unterschiedlich ausfällt. Was ich aber an diesem Paylake in Frankreich erlebt habe, war sehr extrem. Ich habe mit Tomi gesprochen, was ich hätte anders machen können. Ja, ich hätte es mit einem Zig Rig probieren können oder die großen Amur ins Visier nehmen können. Das ist jedoch nicht unser Stil. Ich wollte unbedingt mit unserer Keen Carp Methode einen Fisch überlisten und das ist mir gelungen. Ich bin zufrieden!
Csaba Ronto